Gelingende Entwicklung

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Im ersten Semester meines Studiums besuchte ich die Vorlesung “Entwicklungspsychologie”. Montagmorgen um 8 Uhr. Dass ich mich jeden Montag fleißig in die Anwesenheitsliste persönlich eintrug lag nicht daran, dass ich eine Frühaufsteherin oder besonders diszipliniert war, nicht mal der Dozent war besonders mitreißend. Mich faszinierte ganz einfach die Entwicklung der menschlichen Psyche und ich schrieb nirgendwo sonst so viel mit (der gute “Oerter” hatte sich in über 1200 Seiten darüber ausgelassen). Letztendlich war das die erste (und einzige) Vorlesung, deren Klausur ich nicht bestand.

Wie schon in der Schule blieb ich einfach an bestimmten Themen hängen, die mich interessierten und da hatte es anderer Lernstoff echt schwer, den Zugang zu meiner Festplatte zu bekommen. Ich staunte ja damals als Kind schon und ließ alles andere an mir vorbeiziehen (manchmal auch meine Eltern). Der Schulalltag hatte es geschafft, dass ich diese Fähigkeit nach hinten schieben musste, um mitzukommen. Zu meinem Glück erlebte ich während des Diplomstudiengangs die Freiheit, die ich zum Lernen und Weiterentwickeln brauchte. Und genau dies verstand ich während der Vorlesung.

Ein kurzer, einfacher Überblick

Ab dem ersten Tag möchte sich ein menschliches Wesen psychisch, physisch und mental entwickeln und wachsen, und zwar in seinem ganz individuellen Tempo. Es braucht dafür unbedingt eine Bezugsperson sowie körperliche und emotionale Nähe. Von diesen Bedingungen ist es 100% abhängig. Das kleine Wesen besteht aufgrund dieser Überlebensstrategie daraus, seine ganz individuellen Bedürfnisse intuitiv wahrzunehmen und Signale zu geben, dass es etwas dringend braucht. Das Ziel ist, möglichst bald wohlgenährt selbstbestimmt durchs Leben zu gehen, während weitere Bedürfnisse auf dem Weg gestillt werden.

Im weiteren Verlauf der geistigen und emotionalen Entwicklung versteht das Kind durch das Verhalten der Bezugspersonen Beziehung und Beziehungsfähigkeit, wie es auf andere wirkt und dass es Einfluss auf seine Umwelt hat. Werden bestimmte Bedürfnisse nicht zufriedenstellend oder einfach gar nicht befriedigt, entstehen ganz automatisch weitere, einzigartige Überlebensstrategien.

Bis zu einem Alter von ca. 7 Jahren hat der Mensch ganz grundlegend sein Welt- und Selbstbild kreiert, inklusive den Copingstrategien (Muster, Glaubenssätze etc.). Diese Strategien können nun unterstützend sein, den weiteren Lebensweg beinträchtigen oder sogar schädlich sein. Man spricht hier von Risiko- und Schutzfaktoren, die eine positive Entwicklung begünstigen oder behindern. Hier gibt es natürlich diverse Abstufungen und Schweregrade, auch kann ein Risikofaktor mit einem Schutzfaktor ausgeglichen werden - zum Beispiel (eins, das häufig vertreten ist): Schaffen die Eltern es nicht, genügend emotionale Nähe oder Aufmerksamkeit zu geben, kann eine andere Bezugsperson wie die Oma, der Onkel oder ein naher Freund das Risiko, dass sich das Kind nicht genügend geliebt fühlt (hier könnte dieser Glaubenssatz für den Rest des Lebens entstehen und die weitere Entwicklung grundlegend beeinflussen) abschwächen oder sogar ganz abwehren.

Und so weiter und so fort…

Mein Verstand jubelte

Im Laufe meines wissenschaftlichen Studiums füllte sich mein Erfahrungsschatz über die menschliche und gesellschaftliche Entwicklung - endlich machte mir das Lernen richtig Spaß. Tatsächlich fand ich so viel Sinn darin, den Menschen zu verstehen, dass ich mich ausschließlich auf andere Personen fokussierte und mir meine Entwicklung gar nicht anschaute. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinen Anlass dazu.

Da ich gar nicht merkte, dass dieses Forschen ganz heimlich unterhalb der mentalen, bewussten Ebene meine unbewusste Ebene triggerte, war ich mit der plötzlich auftretenden panischen Angst und den dazugehörigen körperlichen Symptomen am Ende meines Studiums völlig überfordert. Erst 3 Jahre später verstand ich den Zusammenhang. (lies hierzu ausführlicher meinen Textdiamanten Der Weg zu mir zurück).

Zu dem Zeitpunkt war mir noch nicht klar, dass auch das zu meinem Forschungsauftrag gehörte. Und zwar mich selber ganz und gar anzunehmen, wertzuschätzen und vor allem: den Blick nach oben zu richten, wenn ich mal wieder im Loch saß.

Katharina Frilling

coaching & facilitation

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